Peter Thomas
Nach neuen Erkenntnissen der Wissenschaft begann man auch in Preußen mit der Aufarbeitung einiger Missstände, die seinerzeit von der „normalen“ Menschheit gar nicht als solche angesehen wurden. Ich spreche hier vom Ende des 19. Jahrhunderts, als mit Einführung des Reichs-Impfgesetzes zum 8.4.1874 erstmals Pockenepidemien verhindert werden konnten und die Volksgesundheit sich dadurch drastisch verbesserte.
Eine Bekämpfung der Pocken war sehr wichtig. Wichtiger war aber noch das Bewusstsein einer allgemeinen Hygiene in der Bevölkerung zu wecken. Es war allgemein nicht bekannt, dass mangelhafte Sauberkeit auch Krankheiten verursachen kann, die mit den damaligen Medikamenten z.T. nicht oder nur sehr schwer zu behandeln waren.
Endlich war dann im Jahr 1905 auch die Reinlichkeit in den Gastwirtschaften und Nachtherbergen an der Reihe. Aufgrund einer Typhusepidemie, die ihren Anfang in einer Herberge in Hau nahm, wurden alle Bürgermeister des Kreises angewiesen eine Revision der Trinkwasserqualität der Gastwirtschafts-Brunnen sowie deren Lage in Bezug auf die bestehenden Aborte durchzuführen. 1907 kamen weitere Anweisung u.a. zur Verwendung und Waschen der Bettlaken.
Bereits 3 Jahre später kamen schon wieder Kosten auf die Wirte zu. Diesmal ging es in der neuen Polizeiverordnung um die Sauberkeit der „Trinkgefäße“. Die neue Verordnung wurde notwendig, weil die bisherige Anweisung aus dem Jahr 1907 nicht ausreichend beachtet wurde und sich neue Aspekte für das gesundheitliche Wohlergehen der Kunden ergeben hatten.
Die wichtigsten Bestimmungen dieser Polizei-Verordnung habe ich Ihnen hier zusammengestellt:
Anscheinend war sich der Regierungspräsident zu Düsseldorf nicht sicher, ob alle Polizeibeamte und Gastwirte den Sinn dieser Verordnung verstehen würden, denn er machte dazu noch folgende Anmerkungen:
Ein besonderes Gewicht ist hierbei auf die Forderung gelegt worden, daß das Spülen der Trinkgefäße in "fließendem" Wasser erfolgen müsse, damit die hygienisch höchst bedenkliche Unsitte, die Gläser in bereits zum Spülen benutzten Wasser nachzuspülen, aufhört. Gegenüber früheren, zu dieser Forderung von verschiedenen Seiten geäußerten Bedenken hebe ich folgendes hervor:
Zum Nachspülen in fließendem Wasser bedarf es keineswegs stets des Anschlusses an eine Wasserleitung, sondern es genügt auch das Aufhängen eines mit Ablaufhahn versehenen Wasserbehälters, dessen Füllung mit Pumpen oder Einschütten bewirkt werden kann. Auch hat die Industrie einfache und billige Spülapparate mit und ohne Anschluß an die Wasserleitung hergestellt; bei letzteren bewirkt eine Spritzpumpe durch Niederdrücken des auf den Spritzteller gesetzten Glases eine innere und eine äußere Spülung des Glases.
So wie ich Bürgermeister Oedenkoven kennen gelernt habe, wurde die neue Polizeiverordnung unverzüglich allen Wirten des Bezirks vorgelegt und die Polizeidiener mit der konsequenten Überwachung der Durchführung beauftragt. Aber anscheinend haben trotz Verordnung und der Hinweise nicht alle Wirte des Kreises Kleve das Problem erkannt, denn 14 Jahre später erhielt der Landrat das nebenstehende Schreiben.
Der Geschichtsverein Bedburg-Hau e.V. wünscht Ihnen ein schöneres Erlebnis bei einem eventuellen Besuch von Gaststätten und Biergärten.
Quelle: Gemeindearchiv Bedburg-Hau: BT 799